Von Vermeer bis Hitler

Die Museen bereiten spannende Ausstellungen vor


Noch ist alles ruhig auf dem Sektor der Ausstellungen von Kunst und Kulturgeschichte. Doch die Vorbereitungen zu spannenden, spektakulären und zuweilen auch brisanten Schauen laufen auf Hochtouren.


Der holländische Maler Johannes Vermeer (1632-1675) ist für seine geheimnisvollen Solistinnen berühmt. Auf seinen bislang weniger beachteten frühesten Gemälden war mehr Betrieb. Das veranschaulichen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit den Bildern "Diana und ihre Gefährtinnen" (um 1653/54), "Christus bei Maria und Martha" (um 1654/55) und "Bei der Kupplerin" (1656). Zu ihnen gesellen sich Gemälde von Vermeers Delfter Zeitgenossen. Den abschließenden Höhepunkt der Schau bildet Vermeers Meisterwerk: das "Brieflesende Mädchen am offenen Fenster" (um 1659). Der besondere Clou: Die Besucher können das Bild betreten. Ein getreuer Nachbau des im Gemälde dargestellten Zimmers macht das möglich. (Der frühe Vermeer. 3.9. bis 28.11.2010 in der Gemäldegalerie Alte Meister im Semperbau, Dresden. www.skd.museum und www.dresden-vermeer.de)


Mit seinen Kinderbildern, Jahreszeitendarstellungen und Pflanzenscherenschnitten ist Philipp Otto Runge (1777-1810) einer der herausragenden Maler der deutschen Frühromantik. Zu seinem 200. Todestag wartet die Hamburger Kunsthalle mit einer großen Werkschau auf. Sie bietet die einmalige Gelegenheit, alle 35 erhaltenen Gemälde Runges zu erleben. Zu ihnen treten rund 150 Zeichnungen sowie 30 bis 40 Schattenrisse und Scherenschnitte, darunter Arbeiten, die erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das Kuratorenteam kündigt an: "Sich von der ersten Ideenskizze bis zum fertigen Gemälde vorantastend, soll dem Ausstellungsbesucher der Eindruck vermittelt werden, dem Künstler quasi bei der Arbeit über die Schulter zu schauen." (Kosmos Runge. 3.12.2010 bis 13.3.2011 in der Hamburger Kunsthalle. www.hamburger-kunsthalle.de)


Die Impressionisten in Paris sind Thema einer Schau im Essener Museum Folkwang. Kuratorin Francoise Cachin erzählt: "Die Künstler, die zwischen 1865 und 1895 in der französischen Hauptstadt lebten und arbeiteten, zeigen eine Großstadt in rasanter Verwandlung." Rund 80 Gemälde berühmter Künstler wie Degas und Manet, Monet, Pissarro und Renoir werden präsentiert, bereichert um 120 zeitgenössische Fotografien. Die Schau lädt zum Flanieren durch die Metropole ein: Über Boulevards und durch Parks führt der Weg zum Bahnhof und hinaus in die Vorstädte. Zurück in Paris, steht der Besuch von Theater, Zirkus und Lokalen an, bevor der Rundgang in den nächtlichen Straßen endet. (Die Impressionisten in Paris. 2.10.2010 bis 30.1.2011 im Museum Folkwang, Essen. www.museum-folkwang.de)


Die Metropole Wien steht im Blickpunkt einer Ausstellung der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel. Die Wiener Gastkuratorin Barbara Steffen berichtet: "Die Entstehung der Wiener Kunst, die sich auf die Öffnung aller Kunstgattungen wie Architektur, Design und Kunsthandwerk erstreckte, wird dabei als Ganzes in den Blick genommen." Die Werke stammen von 1885 bis 1918. Im Mittelpunkt stehen zahlreiche Gemälde und Zeichnungen von Gustav Klimt und Egon Schiele, deren Markenzeichen erotische Frauendarstellungen sind. (Wien 1900. Klimt, Schiele und ihre Zeit. 26.9.2010 bis 16.1.2011 in der Fondation Beyeler, Riehen bei Basel. www.fondationbeyeler.ch)


Einer ganz besonderen Spezies Frau - der Amazone - nimmt sich das Historische Museum der Pfalz in Speyer an. Homer beschrieb die Amazonen als kriegerisches Frauenvolk, das sich nur einmal pro Jahr zum Zwecke der Fortpflanzung mit Männern abgab. Aber gab es sie tatsächlich oder sind sie nur ein Hirngespinst der alten Griechen gewesen? Die Schau verspricht, mit großartigen Meisterwerken von der Antike bis zur Gegenwart das gesamte kulturhistorische Phänomen der Amazonen aufzuzeigen. (Amazonen - Geheimnisvolle Kriegerinnen. 5.9.2010 bis 13.2.2011 im Historischen Museum der Pfalz, Speyer. www.amazonen.speyer.de)


Zurück in die Jungsteinzeit katapultiert uns eine Ausstellung im Landesmuseum Karlsruhe. Es war eine Zeit bedeutender Neuerungen, zu denen die Nutzung tierischer Arbeitskraft, die Verwendung des Pfluges, das Aufkommen der Kupferverarbeitung sowie die Erfindung von Rad und Wagen gehören. Archäologische Entdeckungen, zu denen die ältesten Kupfer- und Edelmetallfunde Mitteleuropas gehören, sowie Inszenierungen und Modelle machen den Besuchern das Leben der Menschen vor 6000 Jahren erfahrbar. (Jungsteinzeit im Umbruch. 19.11.2010 bis 14.5.2011 im Landesmuseum Karlsruhe. www.landesmuseum.de)


Die Kelten sind das erste namentlich bekannte Volk nördlich der Alpen. Die ihnen gewidmete Schau im Weltkulturerbe Völklinger Hütte wartet mit fast 1000 Ausstellungsstücken aus rund 1000 Jahren keltischer Kultur auf. Zum Aufgebot gehören prachtvolle Ausstattungen von Fürstengräbern. Der reich verzierte Prunkkessel aus Gundestrup (100-15 v. Chr.) besteht aus 8,8 Kilogramm reinen Silbers. Der Armring aus dem Fürstengrab von Rodenbach (um 400 v. Chr.) ist aus schierem Gold. Gezeigt wird auch der Schatz von Sontheim, der mit 328 Münzen zu den größten Goldfunden der Kelten gehört. (Die Kelten. 20.11.2010 bis 22.5.2011 im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. www.voelklinger-huette.org)


Mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa (regierte 1152-1190) an der Spitze stiegen die Staufer zum bedeutendsten Herrschergeschlecht des 12. und 13. Jahrhunderts auf. Im Blickpunkt der Ausstellung in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen stehen drei Kerngebiete der Stauferherrschaft: Die Rhein-Main-Neckar-Region, Norditalien und das ehemalige Königreich Sizilien. Von ihnen gingen bedeutende Neuerungen in Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft, Kunst und Kultur aus. Pressesprecher Alexander Schubert verspricht: "Hochrangige, zum Teil noch nie zuvor in Deutschland gezeigte originale mittelalterliche Kunstwerke werden ein einmaliges Ensemble bilden und zusammen mit Inszenierungen und virtuellen Rekonstruktionen die Zeit der Staufer wiedererstehen lassen." (Die Staufer und Italien. 19.9.2010 bis 20.2.2011 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. www.staufer2010.de)


Napoleon (1769-1821) prägte im Guten wie im Schlechten nachhaltig das politische Gesicht Europas. In der Schau der Bonner Bundeskunsthalle werden erstmals die Auswirkungen seiner Machtpolitik und die Reaktionen auf sie in ganz Europa beleuchtet. Jenseits der Klischees vom Kriegstreiber oder übergroßen Staatsmann soll ein differenziertes Panorama der napoleonischen Ära zwischen Krieg, Politik, Verwaltung, Kunstraub und Kulturblüte dargeboten werden. Zu berühmten Gemälden und Skulpturen gesellen sich bislang wenig bekannte Exponate. Pressesprecher Sven Bergmann erläutert: "Malerei und Skulptur liefen damals zur Hochform auf - in den Propagandabildern von David, Gérard und Ingres wie in der Opposition von Goya und der deutschen Romantik. Erstmals wird der Kunstraub in den von Napoleon besetzten Ländern umfassend dargestellt." (Napoleon und Europa. 17.12.2010 bis 25.4.2011 in der Bundeskunsthalle Bonn. www.bundeskunsthalle.de)


Adolf Hitler (1889-1945), der übrigens Napoleons Grabstätte besuchte und ein großer Verehrer der Kunst Vermeers war, ist nach Einschätzung eines dreiköpfigen Kuratorenteams des Deutschen Historischen Museums Berlin ein brisantes Thema. Gleichwohl erarbeitet es die Ausstellung "Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen." Gezeigt wird das Ineinandergreifen von organisierter Gewalt und die Faszination, die der Nationalsozialismus auf viele Deutsche bis zum bitteren Ende ausgeübt hat. Thematisiert werden die große Popularität des NS-Führers und seine langen Schatten, die bis in die Gegenwart reichen. (Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen. 15.10.2010 bis 6.2.2011 im Deutschen Historischen Museum Berlin. www.dhm.de)


Zur Person: Adolf Hitler

Adolf Hitler wurde 1889 in Braunau, Oberösterreich, geboren. Von seinem Vater, dem Zollbeamten Alois Hitler, musste er regelmäßig schwere Prügel einstecken, Mutter Klara verhätschelte ihn hingegen. Die Schule verließ er ohne Abschluss und in Wien fiel er zweimal durch die Aufnahmeprüfung für die Akademie der Bildenden Künste. Seit 1909 obdachlos, schlug er sich in Wien als Clochard durch, bevor er sich darauf verlegte, Ansichtspostkarten zu malen. Der Erlös ermöglichte es ihm, 1910 in ein Männerwohnheim zu ziehen. "Die meisten seiner Freunde im Männerheim waren Juden"; wie Brigitte Hamann im Katalog zur Berliner Hitler-Ausstellung berichtet. Und weiter: Hitler bezeichnete "damals die Juden gerne als 'erste zivilisierte Nation'. Er bestritt, dass die jüdischen Kapitalisten Wucher betrieben, pries die jüdische Wohltätigkeit, die er ja selbst erlebt hatte." Als Freiwilliger nahm er auf deutscher Seite am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende blieb er zunächst bei der Reichswehr und wurde zu einem Rednerkurs für ausgewählte Propagandaleute an die Universität München geschickt. 1919 verfasste er erste politische Notizen, in denen es heißt: "Entfernung der Juden überhaupt." Im selben Jahr besuchte er auf Befehl seiner Vorgesetzten eine Versammlung der Deutschen Arbeiterpartei, aus der später die NSDAP hervorging. Dort war man von seinem Rednertalent begeistert und warb ihn als Parteimitglied an. Nach dem Hitler-Putsch 1923 wurde die NSDAP verboten und zwei Jahre später neu gegründet. Hitler erhielt das Mitgliedsbuch No. 1, Beruf: "Schriftsteller". Nach den Wahlen von 1933 wurde Hitler von Reichspräsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Den Höhepunkt seiner Beliebtheit bei den deutschen Volksgenossen erreichte er nach dem erfolgreichen Frankreichfeldzug 1940. Dann ging es langsam, bald immer schneller bergab. In seiner letzten Rundfunkansprache am 30. Januar 1945 rief er zum fanatischen Widerstand gegen die unaufhaltsam vorrückenden alliierten Truppen auf und beschwor den "Endsieg". An den konnte er am 30. April 1945 selbst nicht mehr glauben und beging im Bunker unter der Reichskanzlei in Berlin Selbstmord. Bis in die 1990er Jahre hielt die Sowjetunion geheim, dass sie Hitlers sterbliche Überreste gefunden, erst 1970 zu Asche verbrannt und diese in die Elbe gestreut hatte.


Text: Veit-Mario Thiede, Goethestraße 100, 34119 Kassel, Tel: 0171-3860734, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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